Hans Tintner kam am 28. November 1894 in Wien zur Welt. Seine Eltern waren der jüdische Versicherungsdirektor Josef Titner und seine Frau Friderike. Im Ersten Weltkrieg kämpfte Hans Tintner für Österreich und galt zwischenzeitlich als vermisst. Nach Kriegsende zog er nach München in die Böcklinstraße 54. Er trat regelmäßig in den Münchner Kammerspielen auf, unter anderem als Polizeikommissär Duvoisin in Frank Wedekinds „Schloss Wetterstein“. Die Premiere am 6. Dezember 1919 wurde von antisemitischen Protesten begleitet: „[D]ie rechte Szene nahm die Juden im Theater ins Visier […] [W]ährend der sechsten Aufführung griffen etwa fünfzig Studenten und Offiziere alle vermeintlich jüdisch aussehenden Theaterbesucher an“, so der Historiker Michael Brenner. Nach zwei weiteren Aufführungen ließ die Polizei das Stück absetzen. 1923 zog Hans Tintner nach Berlin und arbeitete dort als Drehbuchautor, Regisseur und Produktionsleiter für ein Dutzend Filme. Zwei Jahre später heiratete er die schwedische Schriftstellerin Elly Augusta Carlsson; die Ehe wurde 1935 geschieden. International berühmt wurde Hans Tintner 1930 mit seinem Film „CYANKALI“. Er basierte auf „Cyankali. § 218“, einem Theaterstück von Friedrich Wolf zum Thema Abtreibung, das für großes Aufsehen sorgte und das in München nach nur fünf Aufführungen abgesetzt wurde.
Im März 1933, nur wenige Wochen nach der „Machtübernahme“, verboten die Nationalsozialisten „CYANKALI“. Hans Tintner verließ Deutschland und arbeitete für die Wiener Niederlassung der Fox Film Corporation. Er synchronisierte in Deutschland verbotene amerikanische Filme und verschaffte dabei vertriebenen Schauspielern Beschäftigung, unter anderem Walter Gynt und Ludwig Donath, die früher dem Ensemble der Münchner Kammerspiele angehört hatten. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März 1938 floh Hans Tintner nach Paris. Die nächste und letzte Spur findet sich vier Jahre später in der Deportationsliste für Konvoi Nr. 7 des Lagers Drancy nördlich von Paris. Am Morgen des 19. Juli 1942 wurde Hans Tintner in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort Ende September 1942 ermordet. (Text Janne und Klaus Weinzierl, Lektorat C. Fritsche)
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